Rigo Herold präsentiert eine "Wieger 941" im Waffenmuseum Suhl (picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Martin Schutt).



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DDR-Waffen: „Sofort einsatzbereit“

Deutschland liefert Waffen aus Beständen der ehemaligen DDR in die Ukraine. Blamabel oder funktionieren die noch? Rigo Herold ist Professor für digitale Systeme an der Fachhochschule in Zwickau und Kurator einer Ausstellung über Militärwaffen in der DDR, die derzeit im Militärmuseum in Suhl zu besichtigen ist. Er sagt: Die DDR verfügte über gut geölte Präzionswaffen.

Herr Professor Herold, Deutschland hat Waffen aus Beständen der DDR-Armee an die Ukraine geliefert. Erfüllen die noch ihren Zweck?

Die sollten funktionieren. Die DDR war sehr, sehr fortschrittlich, was die Waffentechnik anbelangt. Die Handfeuerwaffen wurden zum Beispiel in einer Art Fettfolie aufbewahrt, eine Konservierungslösung. Die können nach 30 Jahren rausgeholt werden und sind sofort einsatzbereit.

Also kein Schrott?

Ich würde nicht sagen, dass das generell Schrott ist. Das kann ich aufgrund meiner Recherchen wirklich nicht bestätigen. Das Problem ist, dass die Waffen einen sogenannte Beschuss brauchen, sowie aktuellen Vorschriften entsprechen müssen und somit dann eine Art „Tüv“ erhalten, um eingesetzt zu werden. Das wurde mit den meisten alten NVA-Beständen aber meines Wissens nie gemacht. Die Ingenieure und Arbeiter, die die Waffen hergestellt haben, sind sehr präzise und genau gewesen. Das Qualitätsmanagement war weit fortgeschritten. In den letzten 17 Jahren der im Erzgebirge produzierten Waffen gab es nachweislich keine Reklamation. Das ist auch der Ansatz meiner  Ausstellung: eine Würdigung der Ingenieure der DDR. Lebenswerke von DDR-Bürger werden oft nicht so wertgeschätzt.

Welche Rolle spielte die Rüstungsindustrie in der DDR?

Das Kombinat Spezialtechnik in Dresden steuerte in den letzten Jahren der DDR alle Rüstungsproduzenten. Aber die DDR produzierte vor allem diese kleineren Sachen. Ein Sturmgewehr wie die legendäre WIEGER, die aber nicht auf den Markt kam, weil die Wiedervereinigung die Pläne zunichte machte, war das höchste der Gefühle. Und Luftabwehrgeschütze mit Komponenten der Firma Zeiss zusammen, was die Optik anbelangte. Aber Panzer und so etwas gab es nicht als DDR-Produktion. Schlauchboote und Feldküchen, die wurden massenweise hergestellt. Bei anderem Gerät hatte man von der Sowjetunion Pläne und Lizenzen gekauft und in der DDR nachgebaut: zum Beispiel die Handfeuerwaffe Makarow.

Wurde viel exportiert?

Bei Berlin gab es ein Verkaufsgelände, wo DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski auf Waffen-Verkaufsveranstaltungen Investoren herumführte. Aber die Mengen waren gering. Ich habe den Bericht des Schalck-Untersuchungsausschusses einsehen können. Daraus ging hervor, man könne aus den Einnahmen des Waffenexports nicht einmal ein Jahr lang die DDR-Bonzen-Siedlung Wandlitz betreiben. Die Rüstungsindustrie spielte eine untergeordnete Rolle.

Was ist mit den Waffen nach der Wiedervereinigung passiert?

Die Bundeswehr hat einige Waffen übernommen, aber in den meisten Fällen nie benutzt mit Ausnahme der sowjetischen Mig-Kampfflugzeuge. Vieles wurde vernichtet, Panzer auseinandergeschweißt, einiges weitergereicht etwa an die Türkei. Es ist nicht mehr viel übrig, dass da jetzt größere Mengen an die Ukraine geliefert werden konnten, hat mich gewundert.

Das Gespräch führte Oliver Stock. Rigo Herold betreibt die Website www.stg940, auf der sich weitere Informationen finden.

07.03.2022 | 07:45

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