Karrierealle Jobs


E-Mobilität: Es wird ein Jahrhundertgeschäft

Die Absatzzahlen steigen sprunghaft. Die Batterietechnik meldet Durchbrüche. Die Produktion von E-Autos wird ab sofort in gewaltige Volumina vorstoßen. Branchenexperten sprechen vom „Take-off“ der E-Mobilität.

1.  Der Boom hat begonnen: Nach einer langen Anlaufphase mit minimalen Absatzzahlen steigen die E-Auto-Käufe jetzt sprunghaft. Zum Jahresbeginn 2019 waren weltweit 5,6 Millionen Elektroautos auf den Straßen unterwegs – 64 Prozent mehr als im Vorjahr. Insbesondere im Schlüsselmarkt China sprechen Analysten von einer „erdrutschartigen Veränderung“: Das Center of Automotive Management (CAM) hat seine neueste Studie zur internationalen Elektromobilität veröffentlicht. In China hat sich demnach die Nachfrage von Elektrofahrzeugen mit Stecker im ersten Quartal 2019 mehr als verdoppelt. Der Gesamtmarkt inklusive Nutzfahrzeuge sank um 11 Prozent (nur Pkw: minus 14 Prozent). Der E-Absatz stieg dagegen im Vergleich zum Vorjahr in den ersten drei Monaten auf 299.000 Fahrzeuge, darunter 249.000 Pkw. Der Marktanteil von E-Fahrzeugen an den Neuwagenzulassungen hat sich in China von 2,0 auf 4,7 Prozent erhöht, rund 80 Prozent davon sind reine E-Modelle (BEV).

In Norwegen stieg der Marktanteil von Elektrofahrzeugen im ersten Quartal 2019 sogar auf einen Rekordwert von jetzt 61 Prozent an den Neuzulassungen (Q1 2018: 48 Prozent). Mit 23.405 Elektrofahrzeugen wurde ein Zuwachs von 45 Prozent erzielt. Der deutsche Automobilmarkt stagnierte zuletzt (+ 0,2 Prozent), doch auch hier konnten E-Fahrzeuge plötzlich massiv zulegen. Für das erste Quartal 2019 hat das CAM einen Zuwachs von 33 Prozent auf 23.300 neu zugelassene Elektrofahrzeuge (Q1 2018: 17.600) festgestellt. Der Marktanteil stieg damit von 2,0 auf 2,6 Prozent.

2. Durchbruch bei Batterien: Bislang galten die Batterien als größtes Problem für E-Autos, weil mit derzeitiger Technik die Reichweite für die meisten Nutzer nicht ausreichen. Nun melden mehrere Forschungsabteilungen technologische Durchbrüche. Toyota hat nach Informationen der „Automotive News“ einen „Wunder-Akku“ fertig entwickelt und zieht seine Elektrifizierungspläne um fünf Jahre vor, um schon 2025 mehr als fünf Millionen Stromer zu verkaufen. Der Schlüssel dafür soll eine Innovation beim Feststoff-Akku sein, wie Toyotas Entwicklungschef Shigeki Terashi ankündigte. Zu den Olympischen Spielen in Japan im kommenden Jahr werde man einen serienreifen Akku vorstellen. Die Batterien, an denen viele Hersteller forschen, sollen zahlreiche Vorteile haben: viel höhere Energiedichte bei gleichzeitig höherer Brand-sicherheit, dadurch deutlich mehr Reichweite und gleichzeitig noch weniger Abhängigkeit von Rohstoffen wie Kobalt. Die in Bruchsal bei Karlsruhe ansässige Technikschmiede Innolith meldet ebenfalls einen Durchbruch bei der Batterietechnologie. Die Innolith-Batterie, wirbt das Unternehmen, sei nicht nur sicherer und weise deutlich geringere Kosten pro Ladezyklus auf: „Sie macht das E-Auto mit 1000 Kilometer Reichweite möglich.“ Die Rede ist von 55.000 Ladezyklen mit halbstündigem Wechsel und einer Ladetiefe zwischen 0 und 100 Prozent.

Um Batterien für Elektroautos künftig preisgünstiger und umweltschonender herstellen zu können, haben Ingenieure am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) in Dresden ein neues Produktionsverfahren entwickelt. Dabei beschichten sie die Elektroden der Energiespeicherzellen mit einem trockenen Film statt mit flüssigen Chemikalien. Das spart Energiekosten und macht giftige Lösungsmittel in diesem Prozessschritt überflüssig. Ein finnisches Unternehmen erprobt die neue IWS-Technologie bereits erfolgreich in der Praxis. „Auf diese Weise können wir auch Materialien für neue Batteriegenerationen verarbeiten, bei denen die klassischen Verfahren versagen“, schätzt IWS-Projektleiter Benjamin Schumm ein. Dazu gehören vor allem künftige Schwefel- und Festkörper-Stromspeicher. „Diese Batterien werden mehr Energie im gleichen Volumen speichern können als heutige Lithium-Ionen-Batterien.“ Dadurch können sich die Reichweite von Elektroautos und die Laufzeit von Smartphones deutlich erhöhen.

3. Das Aufladenetz wächst rasant: Die Anzahl der Stromladestellen war bis vor Kurzem ein Flickenteppich. Jetzt wachsen sie rapide. In diesem Jahr werden 20.000 öffentliche Ladepunkte in Deutschland erreicht – und es werden täglich mehr. Supermärkte, Hotels und Parkhausbetreiber schaffen Ladesäulen für ihre Kunden, Unternehmen tun das Gleiche für ihre Mitarbeiter. Mit der Volkswagen „We Charge“-Ladekarte können Kunden künftig europaweit an rund 100.000 Stationen Strom bekommen. Zudem kann ein Elektrofahrzeug auch an jeder professionell installierten Haushaltssteckdose mit kleiner Leistung langsam nachgeladen werden. Rund 70 Prozent aller Ladevorgänge finden zu Hause oder am Arbeitsplatz statt, womit sich das Tanken unterwegs oft erübrigt.

Die Ladezeiten selbst werden inzwischen auch kürzer. Deutschlandweit gibt es heute schon rund 2000 öffentliche Schnellladepunkte, an denen das E-Auto binnen weniger Minuten aufgeladen werden kann. Allein Ionity – ein Joint Venture der deutschen Autobauer – baut entlang Europas Autobahnen derzeit alle 120 Kilometer eine High-Power-Charging-Station auf. Mit ihrer Schnellladefähigkeit können die neuen E-Auto-Modelle in 20 Minuten Autobahnpause Strom für 300 Kilometer ziehen. Neue Apps und neue Digital-Informationen im Fahrzeug zeigen nicht nur den Weg zur nächsten freien Ladestation, sondern auch die verschiedenen Steckervarianten vor Ort.

4. Die Preise sinken, der Massenmarkt wird eröffnet: Waren E-Autos bislang entweder ein Spielzeug für Reiche oder ein Nischenmarkt für Spezialfahrzeuge, so öffnet sich nun der Massenmarkt. Attraktive Elektroautos werden zunehmend erschwinglich. So sind zum Beispiel die Kosten für eine Batterie in den vergangenen zehn Jahren um rund 80 Prozent gesunken. Volkswagen bringt mit dem ID.3 ein Elektroauto auf die Straße, das genauso viel kosten wird wie ein vergleichbarer Golf TDI.

Hinzu kommen häufig noch staatliche Kaufprämien. Darüber hinaus sind die laufenden Kosten des Elektroautos niedriger. Denn: Strom kostet weniger als Benzin oder Diesel, die fälligen Steuern sind gering und die Kosten für Service und Wartung betragen im Vergleich zu konventionell betriebenen Fahrzeugen nur etwa ein Drittel. Wenn man sich die sogenannten „Total Cost of Ownership“ anschaut – also alle Kosten zusammen –, dann wird das Elektroauto für immer mehr Menschen zu einer Anschaffung, die sich lohnt.

5. Alle großen Hersteller steigen jetzt in die Produktion ein: 2019 starteten die Autohersteller ihre bisher größte Elektrooffensive. Die 16 führenden Autokonzerne der Welt haben im vergangenen Jahr ihre Investitionen in die E-Mobilität fast verdoppelt. Während die Unternehmen im Jahr 2017 noch gut 4,3 Milliarden Euro für neue E-Auto-Werke oder den Aus- und Umbau bestehender Fabriken für die Elektromobilität bereitstellten, waren es im vergangenen Jahr schon mehr als 8,4 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Jahr 2016 hat sich die Investitionssumme damit mehr als verachtfacht.

Die großen Massen- und Premium-Hersteller haben mit massiven Investitionen neue
E-Modelle präsentiert oder angekündigt. Allein Volkswagen investiert bis 2025 mehr als 30 Milliarden Euro in den Bereich Elektromobilität. Schon bis Ende 2022 sollen an 16 Standorten der Welt E-Fahrzeuge produziert werden. Opel bringt den vollelektrischen Corsa-e auf den Markt, der kostet ab 29.900 Euro, die Leasing-Angebote starten bei 299 Euro monatlich. „Wir starten ein neues Kapitel: das der wirklich bezahlbaren Elektroautos“, verkündet Opel. Opel will bis 2024 alle Modelle in Europa auch in einer elektrifizierten Version anbieten.

08.08.2019 | 09:33

Artikel teilen: