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Clinton II. gegen Bush III.

Zum Jahresauftakt signalisierte Jeb Bush seine Kandidatur für den Präsidentschaftswahlkampf in den USA. Die Dynastie der Bushs wagt die dritte Eroberung des Weißen Hauses. Und die Chancen stehen nicht schlecht.

George W. Bush war am Ende seiner Amtszeit so beliebt wie Zahnweh. Amerika, ja die Welt wollte ihn nur noch loswerden. Mit dem strahlenden Happy-Go-Lucky namens Barack Obama schien die Ära der grimmigen Bush-Dynastie am Ende – der Wechsel fühlte sich an wie der vom Cowboysattel ins Samtsofa. „Präsident Bush“ klang nach unwiederbringlicher Vergangenheit. Doch da könnte man sich täuschen. In diesen Tagen mehren sich die Zeichen, dass ein dritter Bush den Anlauf auf das Präsidentenamt wagt: Jeb Bush (der Vorname leitet sich von den Initialen ab, eigentlich heißt er John Ellis Bush), 61 Jahre alt und Bruder des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush, legt demonstrativ alle Vorstandsposten nieder, kündigt seine Beraterverträge und Aufsichtsratssitze. Dar­unter sind millionenschwere Mandate etwa für die britische Großbank Barclays, die Versicherung Tenet oder den Immobilien­konzern Rayonier. Denn Bush will unbelastet seinen Wahlkampf eröffnen. Und das könnte bereits bald so weit sein.

Wo Obama zaudert, handelt ein Bush

Der frühere Gouverneur von Florida hat gute Chancen, am Ende tatsächlich der republikanische Kandidat für das Rennen ums Weiße Haus zu werden. „Er müsste nur noch als Bruder von George W. zurücktreten, dann könnte das gelingen“, scherzt zwar der „New Yorker“. Doch die Familienbande ist mittlerweile nicht mehr so belastend, wie das noch vor Kurzem schien. Mit dem Absturz von Obamas Beliebtheit und dessen als schwach empfundener Präsidentschaft ist das Ansehen der Bushs in Amerika wieder deutlich gestiegen. Gerade weil Obama seinen triumphalen Wahlkampf 2008 als einen Anti-Bush-Wahlkampf inszeniert hatte, wird sein eigenes Scheitern nun zur Rehabilitation seines Amtsvorgängers. Mit den grausamen Nachrichten über ein neues IS-Kalifat in Syrien und Irak sehen Amerikaner plötzlich auch die Reaktionskriege des 43. US-Präsidenten auf den 11. September 2001 nicht mehr so negativ. Er habe immerhin gehandelt, wo Obama immer nur zaudere – so lautet das neue Wording, das Republikaner fleißig verbreiten.

Schon seit Monaten wird insbesondere Bush senior zu einer Ikone eines Amerika, das noch stark und selbstbewusst und unumstrittene Weltmacht war. Als der 41. Präsident der USA nach Weihnachten mit Atemnot ins Krankenhaus eingeliefert wurde, war die Woge der nationalen Anteilnahme enorm. Zu Silvester durfte der inzwischen Neunzigjährige unter medialem Applaus wieder nach Hause, was als bestes Omen für die Bush-Dynastie im neuen Jahr gewertet wird.

Amerikaner lieben dynastische Geschichten wie die der Kennedys und verfolgen das Comeback des Bush-Clans wie eine Fernseh-Soapserie. Jeb Bush profitiert von dieser Popu­larität, denn so muss er sich nicht mehr bekannt machen – man kennt ihn bereits, und also spielt er mit diesem Vorteil. Angesichts „einer starken Führung, die Amerika meiner Meinung nach braucht, habe ich mich entschlossen, die Möglichkeit einer Kandidatur als Präsident der Vereinigten Staaten aktiv zu prüfen“, hat er kurz vor Weihnachten auf Facebook verkündet, als sei das Volk gerade dabei, ihn zu rufen. Und weil er das „spürt“, will er nun ein „Politisches Aktions­komitee“ (PAC) mit dem Namen Leadership (Führung) gründen, um Spenden im großen Stil einzusammeln. Da die Bush-Dynastie über allerbeste Netzwerke in die Hochfinanz und Industrie verfügt, dürfte ihm das nicht schwerfallen. Jeb Bush ist zudem gelernter Banker und weiß, wie man Geld beschafft. Amerikanische Medien trauen ihm zu, dass er eine historische Rekordsumme an Spenden für den Wahlkampf mobilisieren kann.

Nur eine könnte ihm in dieser Beziehung gefährlich werden: Hillary Clinton. Sie verkündete gestern ihre Kandidatur. Sollte es am Ende zum großen Duell der Dynas­tien kommen, hätte Amerika ein histo­risches Spektakel: die Frau eines Ex-Präsidenten gegen den Sohn und Bruder zweier Ex-­Präsidenten. Bush III. versus Clinton II. – das hätte etwas vom Kampf der Giganten.

Spannende Ergebnisse bei den Umfragen

Darum erheben bereits jetzt die großen Meinungsforschungsinstitute Umfragen zu diesem möglichen Super-Duell. Dabei liegt Hillary Clinton einige Punkte vor Jeb Bush – allerdings ist er ihr dichter auf den Fersen als seine konservativen Konkurrenten.

Denn für Clinton wird es schwieriger, als man anfangs dachte, Jeb Bush in die dumpf-rechte Ecke zu stellen. Jeb Bush profiliert sich seit Monaten als konstruktiver Brückenbauer und Staatsmann der Mitte. Er hat seiner eigenen Partei demonstrativ vorgeworfen, zu oft die reine Konfrontation mit Obama und zu wenig nach der besten Lösung für Amerikas Probleme zu suchen. So plädiert er auch – gegen die konservativen Föderalisten – für einheitliche Bildungsstandards in den USA. Als Gouverneur von Florida setzte er sich für eine Schulreform und für Umweltschutzprogramme vor allem für die Everglades ein. Er setzte zudem die Hinrichtungen nach Todesstrafen aus.

Sein großer Trumpf aber liegt in seinem glänzenden Image bei Latinos. Jeb Bush ist mit einer Mexikanerin verheiratet. Bis heute spricht Columba Bush nur Englisch mit spanischem Akzent. Die drei Kinder des Paares – von ihrem Großvater früher „die kleinen Braunen“ genannt – sind zweisprachig erzogen. Jeb Bush hat in Venezuela gearbeitet und spricht – gern auch öffentlich – fließend Spanisch. Dass er in Florida als erster republikanischer Gouverneur nach seiner Wahl 1998 vier Jahre später für eine zweite Amtszeit bestätigt wurde, hatte er auch vielen Latino-Stimmen zu verdanken. Bush gehört innerhalb der Republikanischen Partei zu den wenigen Befürwortern einer Reform des Einwanderungsrechts. Ende Dezember schlug er demonstrativ eine Einladung zu einem „Freiheitsgipfel“ in Iowa aus, zu dem ihn rechtskonservative Abgeordnete aus Protest gegen die Einwanderungsreform Obamas eingeladen hatten.

Analysten sagen voraus, dass die wachsende Gruppe der Lati­nos bei der Wahl 2016 das entscheidende Zünglein an der Waage zwischen den beiden großen politischen Lagern bilden könnten. Wer bei ihnen also ankommt, hat bessere Aussichten, am Ende wirklich neuer Präsident zu werden. Jeb Bush könnte jener Republikaner sein, der den religions- und familiengebundenen Latinos eine wertkonservative politische Heimat bietet, von der Soziologen schon länger reden. Kurzum: Ein Multikulti-Bush macht sich auf nach ­Washington. Zahnweh bereitet er damit nur noch seiner Konkurrenz – allen voran Hillary Clinton.

RAM

03.04.2015 | 11:43

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