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Macher der Woche: Stefan Hoops

Über Nacht fand sich der Deutsche-Bank-Manager an der Spitze der Fondstochter DWS wieder, nach dem der Chef dort blitzschnell seinen Hut nehmen musste. Es ist ein Himmelfahrtskommando. Denn beim Thema nachhaltige Geldanlage kann jede Menge schiefgehen.

Es gibt angenehmere Arten befördert zu werden. Bei Stefan Hoops war es jetzt so: Der 42jährige erhielt eine Nachricht vom Chef, der ihm mit einem aktuellen Problem vertraut machte: Bei der Deutschen-Bank-Tochter DWS in Frankfurt war es zu einer Razzia durch den Staatsanwalt gekommen, der in Sachen Greenwashing und Kapitalanlagebetrug ermittelt. Der Chef der Fondtochter, Asoka Wöhrmann, war nicht länger haltbar. Der Fall hatte Potenzial auch auf den Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing selbst durchzuschlagen. Deswegen muss Hoop ran. Sofort. Als neuer DWS-Chef.

Noch in der Nacht zum Mittwoch, so berichtet das Handelsblatt, traf sich der so Beförderte mit den wichtigsten Führungskräften der Deutsche-Bank-Tochter. Wer muss informiert werden? Welche Kunden brauchen jetzt persönliche Betreuung? Wöhrmann war ein guter Netzwerker, wird Hoops nahtlos in diese Rolle schlüpfen können? Es gab und gibt vieles zu besprechen.

Hoops hat einen Aufstieg im Formel-Eins-Tempo hingelegt: 2017 Kapitalmarktchef, im Mai des gleichen Jahres übernahm er die globale Verantwortung für den Vertrieb der Kapitalmarktsparte, 2018 wurde er Chef der Transaktionsbank, also des Zahlungsverkehrs, 2019 dann Chef der neuen Firmenkundensparte der Deutschen Bank. Vermögensverwaltung hat er noch nie gemacht, genau das ist aber jetzt sein Job. Und der ist neuerdings ein Himmelfahrtskommando.

Achtung: Schleuderstuhl

Das zeigt kaum ein anderer Fall nachdrücklicher, als eben der, über den Wöhrmann letztlich gestolpert ist. Er spielte sich so ab: Vor zwei Jahren hatte die DWS Desiree Fixler als Nachhaltigkeitschefin eingestellt. In der Bank ahnte niemand, dass sich die Absolventin der renommierten London Scool of Economics und ehemalige Managerin beim Deutsche Bank-Konkurrenten JP Morgan zu einer Art Greta Thunberg der Finanzwelt entwickeln würde. Ihre Aufgabe war es: Eindeutige Kriterien für nachhaltige Produkte festzulegen, in die die DWS-Kunden guten Gewissens investieren können. Nach einer Vorstandspräsentation und insgesamt elf Monaten bei der DWS war Fixler ihren Job jedoch wieder los.

Was war passiert? Nach eigener Auskunft hatte sie in ihrer Präsentation dargestellt, wo es überall bei der DWS beim nachhaltigen Investieren hapert. Der Deutsche -Bank-Tochter fehle es an „klarer Ambition“, vermisst werden „Regelwerke“, der Nachhaltigkeits-Ansatz sei je nach Produkt und Region „fragmentiert“. Als Fixler damit nicht durchdrang, sondern sich ohne Job ziemlich schnell auf der Straße wiederfand, hing sie die Sache an die große Glocke. Die US-Börsenaufsicht schaltete sich ein, die deutschen Aufsichtsbehörden wurden aufmerksam und der Kurs der DWS-Aktie rauschte vorübergehend nach unten.

Die DWS machte das, was in solchen Fällen Konzerne immer machen: Sie beauftragen Kanzleien, die Sache „unabhängig“ zu untersuchen. Das Ergebnis lautet dann oft so, wie auch in diesem Fall: Keine der Anschuldigungen habe Substanz. Das sahen andere anders. Zum Beispiel der Staatsanwalt, der mit einem begründeten Anfangsverdacht jetzt 50 Einsatzkräfte von Staatsanwaltschaft, Finanzaufsicht Bafin und Bundeskriminalamt zusammentrommelte und zur Razzia blies. Wöhrmann hielt diesem Druck nicht stand: „Die Anschuldigungen, die in den letzten Monaten gegen die DWS und mich erhoben wurden, auch persönliche Angriffe und Drohungen, wie unbegründet oder unhaltbar sie auch sein mögen, haben Spuren hinterlassen. Sie waren sowohl für die Firma als auch für mich und vor allem meine Angehörigen eine Belastung“, berichtet er in einer Email an die Mitarbeiter. „Schweren Herzens“, so schreibt er an sein Team, habe er sich „mit der Firma darauf geeinigt, als CEO zurückzutreten“. Es folgte die Hoops-Holter-Polter-Beförderung.

Neuer Chef, altes Problem

Auch der Neue wird jedoch auf ein altes Problem stoßen, an dem sein Vorgänger letztlich gescheitert ist. Denn die Annahme, dass es eindeutige Vorgaben dafür gibt, was in einen nachhaltigen Fonds gehört und was nicht, trifft nicht zu. „Ein Fonds ist kein Fruchtsaft, wo auf der Flasche bis aufs letzte Milligramm steht, was drin ist“, sagt der Manager eines großen Fondshauses. Bei nachhaltiger Geldanlage gibt es viel Spielraum. Es muss eben ESG-konform sein. Aber was ist das?
ESG steht für Environmental Social Governance, zu deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Dies sind die drei Messpunkte, an denen sich Investitionen ausrichten sollen. Ursprünglich war es eine Selbstverpflichtung, inzwischen hat die EU mit ihrer Taxonomie dafür gesorgt, dass Investitionen, die nicht diese drei Werte in die richtige Richtung unterstützen, als dreckig gelten. Unternehmen, die sich nicht daranhalten, kommen schwerer an Geld. Rüstungsfirmen zum Beispiel klagten öffentlich darüber, unter dem ESG-Regime immer schwieriger an Kredite zu kommen. Allerdings sind die Kriterien nicht glasklar und einheitlich. Banken in Deutschland arbeiten derzeit an Kriterien-Katalogen, was bei ihnen als ESG konform gilt und was nicht. Nachhaltige Aktienindizes werden ständig umsortiert - jüngst flog etwa Tesla aus einem solchen Index heraus. Die Fondsgesellschaft der schwedischen Bank SEB hat vor Kurzem Rüstungsaktien in Fonds zugelassen, die solche Investments zuvor eigentlich ausgeschlossen hatten. Auch die Politik legt sich nicht fest. Bei der Einstufung von Waffen oder etwa Fracking-Gas ist sie neuerdings flexibel.

Biegsame Kriterien

Anleger sehen das Ganze nüchterner. Nur für zehn Prozent der Deutschen ist Nachhaltigkeit bereits ein entscheidendes Kriterium bei der Geldanlage, ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Fondhauses der Volksbanken Union Investment. Im Gegenteil: Der Wunsch nach Rendite und Sicherheit dominiere. Strenge ESG-Regelauslegungen führen deswegen dazu, dass sich Anleger eher abwenden, was am Ende keinem hilft. Wöhrmann wusste das, er unterschätzte aber dass auf der anderen Seite eine sensibilisierte Öffentlichkeit steht, die Finanzmärkte mit Skepsis beobachtet und keine Ausnahmen zulassen will. So erklärt etwas Magdalena Senn vom Berliner Thinktank Bürgerbewegung Finanzwende mit Blick auf die Deutsche Bank: „Die Durchsuchung und der Rücktritt werden Signalwirkung für andere Vermögensverwalter entfalten. Anbieter von als nachhaltig beworbenen Finanzprodukten werden nun genau prüfen, ob ihre eigenen Anlagekriterien halten, was sie versprechen.“
 
Hoops wird also künftig ebenfalls im Spannungsfeld zwischen Rendite-Erwartung und Nachhaltigkeits-Anspruch jonglieren müssen. Es dürfte sein bisher heikelster Posten werden.

Oliver Stock



03.06.2022 | 13:16

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