(Foto: Kay Nietfeld / Picture Alliance_DPA)



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Rot-gelb-grün testet die Ministertauglichkeit: Diese Kandidaten haben schon gewonnen

In Berlin beginnt das große Casting: Wer bekommt, welches Ministeramt? Wer rückt an die Spitze der Bundesbank? Liberale und Grüne ringen um Macht und Posten. Drei Entscheidungen sind schon gefallen.

Von Oliver Stock / WirtschaftsKurier

Die Koalitionäre in Berlin verhandeln, und sie kommen voran: Nach Informationen des WirtschaftsKuriers halten die Verhandlungsteams von SPD, Grünen und FDP bisher ihren Zeitplan ein. Der 6. Dezember als Tag, an dem die neue Regierung ins Amt kommt, lässt sich einhalten, sagt ein hochrangiges Mitglied des Verhandlungsteams auf Nachfrage: „Am Nikolaustag kann der Kanzler vereidigt werden.“ Und während noch um Inhalte gerungen wird, hat natürlich auch das große Casting begonnen.

Drei Punkte sind weitgehend festgezurrt: Die FDP hält daran fest, dass sie das Finanzministerium übernimmt. Die Position ist für die Liberalen nicht verhandelbar. Die Partei will ein Ministerium, das gleichsam mit einem Vetorecht ausgestattet ist. „Negative Gestaltungsmacht“ ist der Schlüsselbegriff, der dazu unter den Verhandlungsteams ausgetauscht wird. Am Geld könnte ein liberaler Finanzminister alle Projekte, die Rot und Grün aushecken, scheitern lassen. Und falls ein Kanzler Olaf Scholz auf seine Richtlinienkompetenz pocht, könnte ein Finanzminister Christian Lindner, wenn es hart auf hart kommt, die Koalition in Frage stellen.

Zweiter Punkt: Es wird ein Klimaministerium geben, das Robert Habeck leitet. Ihm werden Kompetenzen zugeteilt, die bislang anderen Ministerien zugewiesen waren: Aus Landwirtschaft und Wirtschaft, möglicherweise aus dem Verkehrsministerium und natürlich das gesamte Umweltministerium. Ein Vetorecht besitzt Habeck damit nicht, allerdings könnten sich die Grünen möglicherweise mit ihrer Idee einer „Clearingstelle“ durchsetzen, die immer dann Konflikte löst, wenn Habeck als Super-Klimaminister etwas ablehnt, was andere vorschlagen. Auf diese Art hätten die Grünen ein Ministerium, das fast so einflussreich ist, wie das Finanzministerium.

Dritter Punkt: Ein Digitalministerium ist offenbar vom Tisch. Unter den künftigen Koalitionären hat sich die Einsicht verbreitet, dass Digitalisierung als Trend alle Ressorts betrifft und jeder in seinem Bereich, alles unternehmen muss, damit die Entwicklung vorankommt.

Scholz, Habeck und Lindner sind damit als führende Personen im neuen Kabinett gesetzt, die Grünen Co-Vorsitzende Annalena Baerbock soll nach wie Außenministerin werden, an sich eine Position, die die Liberalen, wenn sie mitregieren, gerne übernehmen. FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff hat diesmal jedoch voraussichtlich das Nachsehen. Die FDP beansprucht drei Ministerien, das Justizministerium könnte neben dem Finanzministerium dazu gehören. Die Grünen, die mehr Stimmen bei der Wahl als die FDP gewonnen haben, bekämen dann vier Ministerien, der Rest – voraussichtlich sieben Ressorts ginge an die SPD. Falls es zu einer Erhöhung der Zahl der Ministerien kommt, dürften Liberale und Grüne jeweils ein Ressort mehr bekommen. Hat Deutschland dann neben dem größten Parlament auch das größte Kabinett? „Wir sind nach wie vor eine der größten Volkswirtschaften, da braucht es auch eine entsprechende Regierung“ heißt es von den Verhandlern.

Bleibt die Frage, mit wem das Amt des Bundesbankpräsidenten besetzt wird. Darüber müssen sich ebenfalls alle drei Parteien verständigen, formal entscheidet der Kanzler über die Besetzung. Damit hat der Bundebankpräsident etwas den Rang eines Ministers, das Amt kann auf jeden Fall für alle Seiten in die Waagschale geworfen werden. So könnte die FDP beispielsweise, um für sich selbst das Finanzministerium zu sichern, an der Spitze der Bundesbank zu Kompromissen bereit sein. Eine Vorentscheidung ist hier noch nicht getroffen. Ist das Ganze ein Kuhhandel? Einer, der künftig dabei sein will, schüttelt den Kopf. Es sei, sagt er, ein zutiefst demokratischer Prozess.

08.11.2021 | 12:26

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