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Warum den Autofahrern chaotische Momente drohen

Im September wird Sprit deutlich teuer, denn der Tankrabatt endet. Fachleute warnen vor langen Schlangen an den Tankstellen. Was auf Autofahrer zukommt und warum Tanken in Deutschland im Vergleich gar nicht teuer ist. 

Allmählich sollten Pendler den Taschenrechner herausholen. Am 31. August endet der Tankrabatt. Dann dürften die Zahlen an den Zapfsäulen wieder anders aussehen: Tankstellenbetreiber kaufen bis dahin ihr Benzin noch rund 30 Cent pro Liter günstiger ein, beim Diesel sind es 12,66 Cent pro Liter. Zudem hat die Bundesregierung keine Mehrwertsteuer erhoben, so dass die Autofahrer am Ende bei Benzin rechnerisch 35,2 Cent und beim Diesel 16,7 Cent pro Liter sparten.

Gemessen an den aktuellen bundesweiten Durchschnittspreisen würde ein Liter Diesel nach dem Ende des Tankrabatts 2,14 Euro kosten, Benzin 2,18 Euro und E10 2,05 Euro. Ob es genauso kommt, wenn die künstliche Rabattierung von Sprit wegfällt, ist noch nicht absehbar. Vermutlich steigen die Preise nicht von einen Tag auf den anderen um genau den Wert, den der Tankrabatt ausmacht.

Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe: Erstens bilden vor allem Angebot und Nachfrage den Preis. Wenn Millionen Autofahrer Ende August die Tankstellen stürmen sollten, also kurz bevor der Tankrabatt endet, werden die Preise schon dann steigen. Zudem könnte es an den Tankstellen zu Engpässen kommen: Der Mineralölverband warnt, mit dem Besuch einer Zapfsäule nicht zu warten, bis wirklich der letzte Tropfen im Tank ist, denn es könnte situativ zu Engpässen kommen. Lange Schlangen an den Tankstellen drohen Ende August allemal.

Zweitens spricht Folgendes dafür, dass die Preise nicht sofort am 1. September in die Höhe schnellen: Als der Tankrabatt eingeführt wurde und die Preise nicht entsprechend fielen, haben die Tankstellenbetreiber argumentiert, dass der im Moment noch verkaufte Sprit aus der Zeit stamme, in dem sie noch den vollen Preis dafür bezahlt haben. Entsprechend sanken die Preise erst, als die Tankstellen Sprit im Lager hatten, für den sie selbst weniger bezahlt haben.

Dieser durchaus schlüssigen Argumentation folgend würde es jetzt bedeuten, dass die günstigen Preise den Autofahrern in den ersten Septembertagen erhalten bleiben, bis die Läger der Tankstellen leer sind. Das Vertrauen der Verbraucherschützer in die Tankstellenbetreiber ist hier aber endlich, so dass sie da genau hinschauen werden. Autofahrer sollten so oder so hellwach sein, Preise vergleichen und im September nicht zu lange warten, bis sie nochmal volltanken.

Aber es gibt eine gute Nachricht: Der Ölpreis ist seit Anfang Juli im Sinkflug und liegt derzeit auf dem Niveau vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges. Im Frühjahr war das noch anders. Im Juni hatte der steigende Ölpreis dafür gesorgt, dass die Preise an der Tankstelle nicht eins zu eins in Höhe des gerade eingeführten Tankrabatts sanken. Politiker schimpften öffentlichkeitswirksam und riefen nach dem Bundeskartellamt, bis seriöse Berechnungen zeigten, dass die Tankstellenbetreiber den staatlichen Rabatt durchaus an die Verbraucher weitergaben – nicht zuletzt wegen des harten Preiskampfes untereinander.

Der Tankrabatt war Teil von zwei Entlastungspaketen, die die Regierung auf den Weg gebracht hatte, um die Menschen angesichts der steigenden Energiepreise zu entlasten. Zu den Maßnahmen im Rahmen von 30 Milliarden Euro gehörte auch das 9-Euro-Ticket, die – allerdings schon vorher längst beschlossene - Abschaffung der EEG-Umlage, die Heizkostenpauschale und die Energiepreispauschale über 300 Euro, die jetzt über die Arbeitgeber ausgezahlt wird.

Der Tankrabatt gilt als besonders umstritten, weil er allen gleichzeitig zugutekam und nicht gesondert den Bedürftigen. Außerdem setze der Rabatt falsche Anreize, weil er laut Kritikern eben davon abhalte, weniger Auto zu fahren. Der Ökonom Michael Hüther äußerte sich im Interview mit Focus Online skeptisch: „Ökonomisch ist das nicht zu empfehlen“, sagte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).  
Übrigens werden vor allem Unternehmen zu spüren bekommen, dass der Tankrabatt endet: Zwölf Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland haben einen Dienstwagen, zumeist mit Tankkarte. Tendenziell sind das größere Fahrzeuge mit entsprechend höherem Verbrauch. Das dürfte für viele Betriebe kräftig auf die Bilanzen schlagen.

Wer sich über die steigenden Preise dennoch ärgert, sollte eines im Kopf haben: Fair betrachtet ist Tanken in Deutschland weder im internationalen noch im historischen Vergleich gerade besonders teuer. Zwar liegt der Preis pro Liter hierzulande höher als in den meisten anderen Ländern, gemessen an dem Geld, das den deutschen pro Monat zur Verfügung steht, ist das Tanken aber nur in Belgien, Österreich, Luxemburg und der Schweiz günstiger.

Thorsten Giersch

24.08.2022 | 11:52

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