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Zwei Frauen, vier Männer und Christian Lindner: Wer für die FDP ins Rennen um Ministerposten geht

Die Liberalen beanspruchen für ihren Parteichef Christian Lindner das Finanzministerium. Doch das ist nicht alles. Das Innenressort, das Justiz- und auch das Außenministerium – für diese Ämter laufen sich die Liberalen warm.

Von Oliver Stock / WirtschaftsKurier

Die FDP– das ist in der Wahrnehmung nach außen Christian Lindner. Dann gibt es eine Weile niemanden. Bis irgendwann Wolfgang Kubicki kommt, der mit der klaren Kante aus dem Norden. Aber eine FDP, die in der Regierung sitzt, bräuchte ein paar Köpfe mehr. Und es gibt sie. Nach Informationen des WirtschaftsKuriers stehen neben Lindner fünf Männer und zwei Frauen bereit, die für die Liberalen in ein künftiges rot-grün-gelbes Kabinett einziehen könnten.

Die beiden Frauen – das sind Bettina Stark-Watzinger und Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Stark-Watzinger war Generalsekretärin ihrer Partei in Hessen, ist Abgeordnete im Bundestag und wurde in diesem Jahr Landesvorsitzende der Liberalen. Sie begleitete bereits die Sondierungsgespräche und gilt als Kandidatin für den Posten einer Bildungs- oder Entwicklungshilfe-Ministerin. Die 53jährige Diplomvolkswirtin saß bisher im Haushaltsausschuss, weil Wirtschaft und Finanzen ihre Kernthemen sind. Da Lindner aber als Finanzminister aus Sicht der FDP gesetzt ist, gilt es als unwahrscheinlich, dass die Liberalen mit dem Wirtschaftsressort ein zweites eng mit dem Finanzministerium verknüpftes Schlüsselressort bekommen. Deswegen dürfte Stark-Watzinger voraussichtlich in einem der genannten anderen Ressorts landen.

Marie-Agnes Stark-Zimmermann hatte 2017 für Aufsehen gesorgt, als die heute 63jährige promovierte Germanistin in ihrem Düsseldorfer Wahlkreis mit 19,7 Prozent das deutschlandweit beste Zweitstimmenergebnis für die Freien Demokraten erreichte. Dazu hat es bei der jüngsten Wahl nicht mehr gereicht. Im Vergleich zu damals verlor die ausgewiesene Verteidigungspolitikerin mehr als drei Prozent der Stimmen. Strack-Zimmermann tritt für die Interessen einer starken Bundeswehr ein, fordert höhere Rüstungsausgaben, wie sie die Nato von Deutschland verlangt, und tritt für öffentliche Gelöbnisse und damit für eine sichtbare Bundeswehr im Inland ein. Ihr Problem: Die SPD hat mit ihrem Generalsekretär Lars Klingbeil, dem der Wahlerfolg der Partei zu einem guten Teil zu verdanken ist, ebenfalls einen Anwärter auf das Amt des Verteidigungsministers, der am Ende wahrscheinlich die größeren Chancen hat, sich im Postenpoker durchzusetzen.

Zweiter Mann hinter FDP-Chef Lindner ist der erst im letzten Jahr eingewechselte Generalsekretär der Partei Volker Wissing. Der 51jährige studierte Jurist war Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz und saß m Kabinett der SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Er gilt als Allzweckwaffe und könnte – bis auf den Weinbau – auch in einem Bundeskabinett die Zuständigkeiten erhalten, die er in Mainz ausfüllte. Alternativ könnte der ehemalige Staatsanwalt und Richter auch den Posten eines Justizministers übernehmen.

Eine echte FDP-Dynastie zeichnet sich ab, wenn Alexander Graf Lambsdorff als Außenminister zum Zuge kommen sollte. Der 54jährige Diplomat ist der Neffe des ehemaligen Finanzministers Otto Graf Lambsdorff. Der Reserveoffizier und studierte Historiker, der seinen Abschluss in Washington machte, gab seine Diplomaten-Laufbahn auf, als er 2004 ins Europäische Parlament gewählt wurde. Er wäre aus FDP-Sicht die Ideal-Besetzung für das Amt des Außenministers und würde von den deutschen Diplomaten als einen der ihren anerkannt. Aber auch hier gibt es Widerstand: Die Grünen dürften als zweitstärkste Partei das Amt der Außenministerin für ihre Spitzenkandidatin Annalena Baerbock beanspruchen, die allerdings in dem als konservativ geltenden Diplomatencorps keinen leichten Stand hätte.

Ministeriabel wäre auch Joachim Stamp, der als Stellvertreter von Armin Laschet und als FDP-Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration Teil der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen ist. Er hat in seinem Bundesland gemeinsam mit Laschet dafür gesorgt, dass die Regierung, die nur über die Mehrheit von einer Stimme im Landtag verfügt, geräuschlos arbeiten konnte. Stamp war schon 2010 in die Fußstapfen Lindners getreten, als er dessen Amt als Generalsekretär der Partei in Düsseldorf übernahm. Später folgte der 51jährige promovierte Politikwissenschaftler Lindner als Landesvorsitzender der FDP in Nordrhein-Westfalen.

Einen Justiz- oder Innenminister, der ganz in der Tradition von FDP-Größen wie Gerhart Baum oder Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gegen staatliche Überwachungsmaßnahmen und für den Schutz der Bürgerrechte einträte, gäbe Marco Buschmann ab. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion ist ebenfalls ein promovierter Jurist, von Beruf Anwalt, der liberale Standpunkte bei Sicherheitsgesetzen, Vorratsdatenspeicherung und Netzsperren vertritt.

Einer, der in den derzeitigen Verhandlungen als früheres SPD-Mitglied und Schattenwirtschaftsminister des gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier Brücken baut, ist Harald Christ. Der Unternehmer und Investor wechselte im vergangenen Jahr die Partei und wurde Schatzmeister der FDP. In diesem Amt hat er bislang für Rekordspenden an seine neue politische Heimat gesorgt. Auch er wäre erneut ein Kandidat für das Amt des Wirtschaftsministers, hat aber bisher stets betont, dass er keinen Kabinettsposten anstrebt.

Bleibt Wolfgang Kubicki, der wegen einer Operation derzeit nicht im Verhandlungsteam der FDP dabei ist. Als Minister in Berlin ist ihm bislang keine Rolle zugedacht – das zu ändern, läge an ihm, könnte aber Lindner selbst in die Quere kommen, der seine Stellung als unbestrittene Nummer eins der Partei weiter behaupten will.

22.10.2021 | 11:54

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